Tiere & Pflanzen

In den Seebecken des Vierwaldstättersees lebt eine grosse Vielfalt an Tieren und Pflanzen. Je nach Wasserzone finden sich etwa Plankton, Würmer, Insekten, Schnecken oder Algen.

Wasser- und Bodenzonen

Der Vierwaldstättersee wird in Freiwasserzonen und in Bodenzonen unterteilt.  Bei der Freiwasserzone unterscheidet man zwischen Oberflächen- und Tiefenwasserzone (vertikale Unterscheidung). Die Oberflächenwasserzone reicht bis in eine Wassertiefe von ungefähr 12 Metern, ist mit Licht durchströmt und bietet ideale Lebensbedingungen für viele Tiere und Pflanzen. In die Tiefenwasserzone dringt hingegen kaum Licht, und bei niedrigen Temperaturen sowie teilweise begrenztem Sauerstoff leben dort nur wenige Organismen.

Die Bodenzone verläuft entlang des Seebodens von der Uferzone (Litoral) bis zum Seegrund (Profundal). Die oberflächennahen Wasserzonen beherbergen die Grösste Artenvielfalt des Sees und bieten Lebensraum für Pflanzen, Fische, Weichtiere, Amphibien und Insekten. Am Seegrund verhindert Finsternis den Pflanzenwuchs, nur wenige Arten von Wirbellosen (Insekten, Krebse etc.) leben dort. Gleichzeitig pflanzen sich in dieser Tiefe jedoch wichtige Fischarten wie die Felchen und der Seesaibling (Rötel) fort. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Tier- und Pflanzenarten.

Plankton

Plankton sind mikroskopisch kleine, im Wasser schwebende Lebewesen, die die Nahrungsgrundlage vieler Fische bilden. Plankton lebt und vermehrt sich in der oberen Schicht des Freiwassers. Abgestorbenes Plankton sinkt in die Tiefe, wo es von Mikroorganismen zersetzt wird. Im Folgenden weitere Informationen über Plankton:

  • Phytoplankton: Besteht hauptsächlich aus Grünalgen, Blaualgen und Kieselalgen und macht den grössten Teil der im Wasser lebenden Materie aus. Das Phytoplanktonwachstum hängt von der Wassertemperatur, der Trübung und der Verfügbarkeit des Nährstoffs Phosphor ab. Der nährstoffarme Vierwaldstättersee hat daher weniger Phytoplankton als die meisten Mittellandseen.
  • Zooplankton: Umfasst einzellige Amöben (Rhizopoden), Wimpertierchen (Ciliaten), Geisseltierchen (Flagellaten), mehrzellige Rädertierchen (Rotatorien) und Kleinkrebse (Crustaceen). Die Kleinkrebse werden zwischen Blattfusskrebsen (Phyllopoden) und Ruderfusskrebsen (Copepoden) unterschieden. Die Zooplankter ernähren sich vom Phytoplankton oder anderen Arten des Zooplanktons. Auch Zooplankton ist Nahrungsgrundlage zahlreicher Fischarten.
  • Saisonale Schwankungen und Algenblüten: Die Menge und Zusammensetzung des Planktons schwankt je nach Temperatur, Sauerstoffgehalt und Strömungen im See. Im Winter ist die Phytoplankton-Konzentration gering, im Frühling, wenn Temperatur und Licht zunehmen, steigt sie wieder.
  • Nährstoffabnahme im See verändert das Plankton: Heute ist der Vierwaldstättersee wieder nährstoffarm und deshalb auch planktonärmer und klarer. Die Dynamik der Planktonentwicklung hat sich ebenfalls abgeflacht und die Wechselwirkung zwischen Zoo- und Phytoplankton ist schwächer geworden. Heute ist die Planktonzusammensetzung im Vierwaldstättersee wieder typisch für einen nährstoffarmen Voralpensee.
  • Cyanobakterien: Cyanobakterien, die auch Toxine produzieren können und früher häufiger waren, sind sehr selten geworden.

Wasserpflanzen

Durch die Lage und Form des Vierwaldstättersees konnten sich vielfältige Lebensräume ausbilden. Deshalb ist der See ererstaunlich reich an Wasserpflanzen, trotz hohem Anteil an Steilufern und verbauten Ufern. Die Bestandesdichten der einzelnen Arten sind allerdings gering. Vom Land gegen das offene Wasser hin lassen sich vier Zonen unterscheiden:

  • Schilfröhricht: Als Schilfröhricht bezeichnet man die Pflanzengemeinschaft beim Übergang vom Wasser zum Land. Vorherrschend ist das Schilfrohr. Andere typische Arten sind der Rohrkolben, der Igelkolben, verschiedene Binsenarten und die gelbe Schwertlilie. Die Wurzeln und die unteren Stäng-lteile dieser Pflanzen stehen ständig im Wasser.
  • Schwimmblattzone: Schwimmblattpflanzen wachsen bis in eine Tiefe von vier Metern. Ihre Blätter und Blüten schwimmen auf der Wasseroberfläche, während der Rest der Pflanze unter Wasser liegt. Bekannte Vertreter sind die weisse Seerose und die gelbe Teichrose oder das schwimmende Laichkraut.
  • Laichkrautzone: Die Laichkrautflur findet man in Tiefen von drei bis sieben Metern. Sie setzt sich aus verschiedenen Arten wie dem namensgebenden Laichkraut, dem Tausendblatt und der Wasserpest zusammen. Die Pflanzen bilden ausgedehnte Dickichte und bringen lediglich ihre Blüten über die Wasseroberfläche. Ein Grossteil der Ufertiere und ernährt sich in dieser Zone.
  • Zone der Armleuchteralgen: In 6 bis 16 Metern Tiefe wachsen die blütenlosen Armleuchteralgen. Sie benötigen wenig Licht und überziehen den Seeboden teppichartig und ähneln in ihrem Aussehen einem Schachtelhalm oder eben einem Armleuchter.

Kleintiere

Bakterien, Pilze, Würmer und weitere Kleintiere schliessen den Stoffkreislauf und zerlegen abgestorbene Pflanzen und Tiere wieder in ihre mineralischen und gasförmigen Bestandteile. Sie leben bis in tiefe, lichtlose Seeschichten und spielen im See eine wichtige Rolle.

  • Würmer: In und auf dem Seeboden leben bis in grösste Tiefen zahlreiche Würmer. Die Wurmarten des Vierwaldstättersees gehören zu den Platt-, Rund- und Ringelwürmern. Sie bauen organische Stoffe ab und dienen selbst als wichtige Nahrung für Wasserinsekten und Fische.
  • Wasserinsekten: Primäre Wasserinsekten sind eng an Gewässer gebunden, ihre Larven leben im Wasser und atmen meist mit Tracheenkiemen. Zu den primären Wasserinsekten gehören Eintagsfliegen, Libellen, Steinfliegen, Schlammfliegen, Köcherfliegen. Bei den sekundären Wasserinsekten sind nur wenige Arten eng an Gewässer gebunden: Wanzen, Schmetterlinge, Netzflügler, Zweiflügler, Käfer.
  • Wasserschnecken, Muscheln und weitere Kleintiere: Im Vierwaldstättersee kommen über 20 Wasserschnecken- und knapp 20 Muschelarten vor. Sie leben vorwiegend in Ufernähe, vor allem in Buchten mit flachem Ufer. Am häufigsten ist die eingeschleppte, dreieckförmige Wandermuschel. 2024 wurde zudem im Alpnachersee erstmals die invasive Quaggamuschel entdeckt. Häufige Schnecken sind die Federkiemen- und die eiförmige Schlammschnecke. Des Weiteren leben Bakterien, Pilze, Süsswasserschwämme, Süsswasserpolypen und Wasserspinnen im Vierwaldstättersee.

Fische

Im Vierwaldstättersee leben etwa 30 Fischarten. Der eher kalte, sauerstoffreiche und nährstoffarme See ist ein typisches Salmonidengewässer. Zu den Salmoniden (Lachsfischen) gehören Felchen, Seeforellen und Seesaiblinge. Sie halten sich hauptsächlich im Freiwasser auf. Am bewachsenen Ufer leben verschiedene Arten der Karpfenfische (Cypriniden, sogenannteWeissfische), sowie Hechte und Egli.

Entwicklung der Fischbestände

Die nach den 1990er-Jahren gewollte Nährstoffabnahme im Seewasser hat sich auch auf die Fische ausgewirkt. Die Bestände vieler Fischarten haben abgenommen, entsprechen nun aber wieder den natürlichen Verhältnissen. Die Fische wachsen weniger schnell, weil ihr Aufwand bei der Nahrungssuche grösser geworden ist. Jede der über 30 Fischarten kann sich heute dafür wieder natürlich fortpflanzen. Anspruchsvolle Arten wie Felchen, Saiblinge und Seeforellen entwickeln sich bestens.

Zu schaffen macht den Fischen allerdings der Verlust an Lebensräumen. Natürliche Uferabschnitte und Flachwasserbereiche sind selten geworden. Die Seeforelle leidet darunter, dass ihre Laichplätze durch die Verbauung der Zuflüsse schlechter erreicht werden können oder ganz verschwunden sind.

Fischerei

Von den inzwischen wieder natürlichen Verhältnissen des Seewassers profitieren auch die Berufsfischer. Fanden sich um 1975 in ihren Netzen weniger als 60 Prozent Felchen, beträgt der Fanganteil dieser wirtschaftlich wichtigsten Fischart wieder über 80 Prozent.

Die Fischerei im Vierwaldstättersee spielte früher eine wichtigere Rolle für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung. Heute hat die Berufs- und Sportfischerei an volkswirtschaftlicher Bedeutung verloren, stellt aber immer noch eine wichtige Nutzung des Sees dar. Der weitaus wichtigste Nutzfisch im Vierwaldstättersee und der eigentliche Brotfisch der Berufsfischer ist das Albeli, eine kleinwüchsige Felchenform.

Amphibien und Reptilien

Im Einzugsgebiet des Vierwaldstättersees leben heute noch elf Amphibienarten, zwei Arten sind ausgestorben. Mit Ausnahme des Alpensalamanders sind alle auf Gewässer zur Fortpflanzung angewiesen. Der Vierwaldstättersee mit seinen Steilufern gehört jedoch nicht zu den typischen Laichgewässern.

In den Flachmooren und Riedwiesen am Rand des Sees kommen aber durchaus Amphibien vor. Typische Arten an diesen Orten sind Wasserfrosch, Gelbbauchunke, Fadenmolch und Teichmolch. Ungewöhnlich ist, dass an einigen steilen, meist bewaldeten und röhrichtfreien Ufern des Sees Erdkröten und Grasfrösche laichen.

Bei den Reptilien zählt man heute noch sechs Arten, die im Einzugsgebiet des Vierwaldstättersees leben. Sie mögen trockene, sonnige Orte mit guten Verstecken. Da sie sich nicht im Wasser fortpflanzen und ihre Haut sie vor dem Austrocknen schützt, sind sie nicht an Feuchtgebiete gebunden.

Einige Schlangenarten, wie die Ringelnatter und die Würfelnatter, leben aber auch an Gewässern. Letztere wurde im vergangenen Jahrhundert beim Alpnachersee ausgesetzt und konnten sich dort dank günstigen ökologischen Bedingungen vermehren. In der Schweiz kommen sie sonst nur im Tessin und in den Bündner Südtälern vor. Mooreidechsen (auch Wald- oder Bergeidechse) leben in Flachmooren am Rand des Sees.

Vögel

Der Vierwaldstättersee mit seinen Steilufern und Verlandungszonen (Wasserflächen, die durch Ablagerungen allmählich zu Land werden) bietet vielfältige Lebensräume für Vögel. Trotzdem ist er deutlich artenärmer als andere Seen des Mittellandes. Eingebettet in die Voralpen liegt der See fernab der bedeutenden Vogelzugstrassen.

  • Brutvögel: Wasservögel brüten an flachen Ufern mit Schilfsaum oder in den anschliessenden, zeitweilig überschwemmten Riedwiesen. Solche Lebensräume sind am Vierwaldstättersee selten, weshalb dort nur wenige Arten brüten: Stockente, Höckerschwan, Gänsesäger, Haubentaucher, Zwergtaucher, Graureiher, Blässhuhn, Teichhuhn, Wasserralle, Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Rohrammer.
  • Durchzügler: Durchzügler sind Vögel, die sich während dem Vogelzug für kurze Zeit zur Nahrungsaufnahme am See aufhalten: Flussregenpfeifer, Kiebitz, Bekassine, Flussuferläufer, Bruchwasserläufer, Rotschenkel, Grünschenkel, Seidenreiher, Knäkente, Flussseeschwalbe, Blaukehlchen, Schwarzkehlchen.
  • Wintergäste: Die Zahl der Wintergäste ist vom Nahrungsangebot abhängig. Der nährstoffarme Vierwaldstättersee hat als Überwinterungsgebiet für nordische Wasservögel deshalb keine grosse Bedeutung. Die Wasservögel profitieren aber davon, dass der Vierwaldstättersee nie zufriert: Tafelente, Reiherente, Blässhuhns, Kolbenente, Eiderente, Lachmöwe, Sturmmöwe, Weisskopfmöwe, Kormoran.

Aquatische Neobiota

Invasive gebietsfremde Tiere und Pflanzen können sich stark verbreiten und schädlich für Mensch und Umwelt werden. Der Schutz unserer Gewässer ist deshalb sehr wichtig.

Publikationen Tiere & Pflanzen

Projet Lac. Standardisierte Befischung Alpnachersee

2019

Im Projet Lac werden der Zustand des Fischbestands und der Lebensräume im Alpnachersee erfasst. Die Erhebung liefert wichtige Daten für das langfristige Monitoring der Fischpopulation und für ökologische Verbesserungsmassnahmen.

Projet Lac. Artenvielfalt und Zusammensetzung der Fischgemeinschaft im Vierwaldstättersee

2017

Der Bericht dokumentiert die Artenzusammensetzung im Vierwaldstättersee. Durch standardisierte Befischungen ist sichtbar, dass sich der Fischbestand von den Konsequenzen der Eutrophierung (zu hoher Nährstoffgehalt) noch nicht vollends erholt hat.

50 Jahre Planktonentwicklung im Vierwaldstättersee von 1960-2010

2012

Der umfassende Bericht von Dr. Hans-Rudolf Bürgi analysiert die Planktonentwicklung über 50 Jahre. Er zeigt, wie sich Nährstoffwerte und deren Einfluss auf das Plankton im Laufe der Jahrzehnte verändert haben. Die langfristigen Daten bieten einen einzigartigen Einblick in die Dynamik des Ökosystems See.

Wasserpflanzen Vierwaldstättersee – alles auf einen Blick

2012

Ein ganzer See in einer einzigen Tabelle: Die Wasserpflanzentabelle zeigt übersichtlich, wo im Vierwaldstättersee welche Wasserpflanzen wachsen. Bis in welche Tiefe, in welcher Bewuchsdichte – und mehr.

Erhebung Wasserpflanzen Vierwaldstättersee 2007-2011, Bericht

2012

Die umfassende Erhebung der Wasserpflanzen dokumentiert 35 Arten, darunter viele seltene Armleuchteralgen, und erfasst deren Verteilung bis in eine Tiefe von 18 Metern. Die Studie schafft eine wertvolle Basis für das Monitoring und den Schutz der Wasserpflanzenvielfalt. (Zusätzliche Daten zu Methodik, Plandarstellungen u.ä. sind auf Anfrage verfügbar.)

Erhebung Wasserpflanzen Vierwaldstättersee: Hotspot «Seeburg» LU

2008

Die Erhebung dokumentiert 13 Wasserpflanzenarten im Gebiet Seeburg, dominiert von Armleuchteralgen. Im Vergleich zu früheren Untersuchungen ist der Nährstoffgehalt im See gesunken, was zu gesünderer Pflanzenvielfalt führt.

Erhebung Wasserpflanzen Vierwaldstättersee: Hotspot «Trottlibucht» LU

2008

Die Erhebung dokumentiert 11 Wasserpflanzenarten im Gebiet Trottlibucht, dominiert von Armleuchteralgen. Das historische Vorkommen von Schilf dient als Grundlage für potenzielle Revitalisierungen.

Erhebung Wasserpflanzen Vierwaldstättersee: Hotspot «Hopfräben» SZ

2008

Die Erhebung dokumentiert 19 Arten im Gebiet Hopfräben bei Brunnen, dominiert von Armleuchteralgen. Unterschiede in der Artenzusammensetzung spiegeln die Einflüsse der Muota und des Kiesabbaus wider.